Fairarscht. Wie Wirtschaft und Handel die Kunden für dumm verkaufen

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Dass in unserer Weltwirtschaft manches schief läuft, dürfte heutzutage wohl ziemlich jedem klar sein. Dass wir Konsumenten in der „westlichen“ Welt von den miserablen Arbeitsbedingungen in anderen Ländern direkt profitieren, eigentlich auch. Aber wir wollen es lieber nicht hören und spenden höchstens mal ein paar Euro für Brot für die Welt oder kaufen mal zwischendurch einen fair gehandelten Kaffee.

Sina Trinkwalder geht seit Jahren einen anderen Weg: Sie hat mit Manomama ein Textilunternehmen aufgebaut, das komplett in Deutschland produziert (ok, die Baumwolle muss natürlich importiert werden, weil so etwas bei uns nicht wächst) und außerdem viele Menschen beschäftigt, die auf dem „normalen“ Arbeitsmarkt keine Chance hätten oder hatten.

Die immer schon engagierte und an Fairness interessierte Konsumentin erhält durch ihre Kontakte als Unternehmerin Einblicke in das Geschäftsgebaren der großen Unternehmen, die uns nicht so leicht zugänglich sind: Warum wir manchmal die exakt gleiche Biomilch bei Aldi bekommen wie im Biomarkt, nur halt billiger. Warum fair mit Siegel nicht unbedingt fair ist – es aber sein kann. Warum überhaupt die meisten Siegel nur Augenwischerei sind. Warum auch „Bio“ nicht immer das Gelbe vom Ei ist. Und warum „Entwicklungshilfe“ meist nur eine neue Form der Kolonialisierung ist.

Vor allem aber: Wie internationale Konzerne jedes Element der Produktkette bis zum letzten Cent ausquetschen und uns dazu verführen, immer mehr zu konsumieren, weit über das hinaus, was wir eigentlich bräuchten. (Mal ehrlich: Wer braucht wirklich zehn Hosen von H&M? Und wer stand nicht schon genervt vor der riesigen Auswahl von, sagen wir mal, Keksen – die sich doch nur marginal unterscheiden?) 

Sina Trinkwalder erzählt von ihren Recherchen, verpackt ihre Informationen zu großen Teilen in Interview-ähnliche Gespräche, nennt teilweise die Namen ihrer (durchweg hochrangigen und kompetenten) Gesprächspartner, teilweise auch nicht, vermutlich zum Schutz der jeweiligen Personen.

Ich selber war ja schon als Jugendlicher beim damaligen „Dritte-Welt-Laden“ dabei und habe mich immer für Handelsstrukturen und für Gerechtigkeit interessiert und auch mit manchen Vertretern der Lebensmittelbranche gesprochen. Von daher kann mich nicht alles schocken, was Sina Trinkwalder schreibt. Und trotzdem hat es mich sehr mitgenommen, dieses System aus Unterdrückung, Lüge und Ausbeutung so klar und auch in seiner ganz eigenen Logik dargestellt zu sehen – und mich als ein kleines Rädchen darin, dem vorgegaukelt wird, noch etwas Gutes zu tun, wenn es dieses und jenes kauft.

Manchen mag die drastische Sprache abschrecken, die sie teilweise verwendet – ich spüre dahinter den großen Zorn über ein ungerechtes System der Unterdrückung. Manche mögen einwenden, es sei alles doch gar nicht so schlimm – doch, es passt alles genau in die Erfahrungen, die ich selbst schon gemacht habe. Manche mögen das ganze Buch abtun als ein Werk einer Spinnerin – gut, dann spinne ich gerne mit. Für eine bessere, gerechtere und gesündere Welt. Denn so, wie es bisher lief, kann es nicht weitergehen.

Für alle, denen es zu kompliziert wird, fasst Sina Trinkwalder die einzelnen Kapitel am Ende noch einmal kurz zusammen. Zur Not reicht es, diese Zusammenfassungen zu lesen, um einen Einblick in die Thematik zu bekommen. Ich hatte allerdings auch das ganze Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen. Es ist flüssig und gut verständlich geschrieben. Dadurch, dass sie viele Menschen zu Wort kommen lässt, ist es auch sehr persönlich: Man fühlt mit mit dem Bauern, der genervt wieder von Bio auf konventionelle Landwirtschaft umgestellt hat. Oder mit dem kleinen Bäcker, der kaum eine Chance hat gegen die großen Konzerne. 

Ein fundiertes, engagiertes. polarisierendes Buch, das gleichzeitig sehr anstrengend ist. Denn wer es gelesen hat, kann eigentlich nicht weiter konsumieren wie bisher. Wer dieses Buch gelesen hat, wird – hoffentlich – die eigenen Gewohnheiten überdenken. Was brauchen wir wirklich? Immer das Neueste, immer mehr, immer billiger? Oder lieber Dinge, die wirklich Qualität haben, die möglichst vor Ort produziert wurden, die lange halten und die Natur so wenig wie möglich belasten? Egal, ob Brötchen, Milch, Kleidung, Auto oder Handy: Was wir brauchen, ist ein anderes Wachstum, meint Sina Trinkwalder. Kein Wachstum der Quantität, sondern der Qualität. Oder wie sagte mein Opa immer? „Wir sind nicht so reich, dass wir uns billige Sachen leisten könnten.“ Ja, dann lieber weniger, aber dafür etwas Gutes.

Ich kann dieses Buch allen nur zur Lektüre empfehlen. Unbedingt. Lest es. Und handelt danach. 

Update: In der ursprünglichen Version hatte ich an dieser Stelle beklagt, dass nur Amazon mir die Möglichkeit bietet, rechtssicher ein Cover einzubinden. Genauer habe ich das Problem hier beschrieben: http://www.kuschelkirche.de/amazon-links-echt Darauf beziehen sich die meisten der Kommentare unten. Mittlerweile habe ich eine Lösung gefunden. Genauere Beschreibung hier: http://www.kuschelkirche.de/tipps-fuer-buchblogger-cover-von-buchhandel…

 

Kuschelpunkte

Buchinformationen

Trinkwalder, Sina: Fairarscht: Wie Wirtschaft und Handel die Kunden für dumm verkaufen. Taschenbuch, 208 Seiten, Knaur Verlag, ISBN: 978-3-4267-8794-6, 12,99 €

E-Book: 10,99 €

Antwort auf von Britta (nicht überprüft)

Liebe Kommentatoren,

vielen Dank für die Gedanken zum Thema "Verlinkung".

Ich selber bestelle meine Bücher bei der Vogel-Buchhandlung Schweinfurt, die auch überall auf der Seite verlinkt ist.

Worum es mir geht, ist etwas anderes: Ich möchte das Cover rechtssicher einbinden können. Auch für Coverbilder gilt das Copyright. Mir ist noch kein Anbieter außer Amazon aufgefallen, der mir diese Möglichkeit bietet. Mehr dazu hier: 

http://www.kuschelkirche.de/amazon-links-echt

Buch7 habe ich übrigens gestern schon deswegen angeschrieben. Mal sehen.

Ich habe das große Glück, dass eine Buchhandlung aus dem Netz "Genial Lokal" ihren Sitz in einer hiesigen Bäckerei aufgeschlagen hat. Für alle Interessierten: https://www.genialokal.de/ - direkt links oben kann man nach PLZ die nächstgelegene Buchhandlung suchen.
Vorteile - neben der offensichtlichen Unterstützung für lokales Handwerk und Handel: Ich bekomme meine Bücher am nächsten Tag zur Abholung geliefert. Und das, ohne irgendeine Prime-Gebühr bezahlen zu müssen.

Ich verlinke mittlerweile bewusst immer auf die Shopseite des Buchhändlers meines Vertrauens. Hier kann man übrigens auch online bestellen und auswählen, ob man abholen oder per Post beliefert werden will. Das geht, soweit ich weiß, mittlerweile bei vielen Buchhändlern überall. Und schneller als die große Online-Konkurrenz (die ich eigentlich nur noch zur Beschaffung von Büchern nutze, die ausschließlich antiquarisch zu beziehen sind) geht das meistens auch noch. Bis 16 Uhr bestellt, am darauf folgenden Werktag ab 9 Uhr abholbar. [Werbeblock aus]

;-)

Viele Grüße

Ute

Liebe Kommentatoren,

nochmal danke für eure Vorschläge. Leider ist das Grundproblem damit nicht gelöst: Die rechtssichere Einbindung des Coverbilds.

Ich habe nun bei Buchhandel.de eine Lösung gefunden. Die bieten ein Partnerprogramm an, das auch die Einbindung der Cover erlaubt. Es wird ein paar Tage dauern, bis ich es schaffe, das alles umzustellen. Denn wenn, dann will ich das gleich richtig automatisieren. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es funktionieren wird.